In der Rockfabrik Nürnberg gibt es Metal anstatt Margarine

In der Rockfabrik Nürnberg gibt es Metal anstatt Margarine

Es ist die reinste nächtliche Vergnügungsmeile. Nachtclub reiht sich an Nachtclub und das partyhungrige Szenevolk ist kaum zu Bremsen. Bis in die frühen Morgenstunden schwingt es das Tanzbein. Feiert exzessiv und tobt sich vor Ort nach Herzenslust in den verschiedenen Discotheken aus. Die Philosophie von Sex, Drugs and Rock’n Roll hat hier jedes Wochenende Hochkonjunktur. Aufgebrezelte leicht bekleidete Mädels in hochhackigen Stiefeln lassen im Partyrausch alle Hemmungen fallen und vor Selbstbewusstsein strotzende Poser buhlen mit ihren aalglatten gegellten Haaren um die Gunst der Mädels.

Die Rede ist hier nicht etwa von Hamburgs legendärem Sündenpfuhl, der Reeperbahn, sondern vom berühmt berüchtigten Klingenhof Areal in Nürnberg. Neben Discotheken wie dem WON (World of Nightlife) und dem Planet, befindet sich in der Klingenhofstraße auch die Kultdisco Rockfabrik (RoFa). Und diese kann auf eine bewegte Geschichte zurückblicken. Das hier in dem barocken Gebäude mit dem markanten Wasserturm in der Klingenhofstraße 56 einmal alles in Butter war, ist gerade für die jüngeren Besucher der Rockfabrik Nürnberg unvorstellbar. Wo heute eingefleischte Rocker auf drei Areas zu Hardrockklängen moschen und feierwütige Szenegänger auf der Tanzfläche die Sau raus lassen, da wurde bis vor 40 Jahren noch die gute Resi produziert.

Die Resi war das Highlight der Vereinigten Margarine Werke in Nürnberg und seit ihrer Markteinführung im Jahr 1924 das Spitzenprodukt des Unternehmens. Die Resi war eine Margarine die sich ins kollektive Gedächtnis gebrannt hatte, eine Margarine, deren Bekanntheitsgrad eine ganze Epoche der Nürnberger Kulturgeschichte geprägt hat und sie war eine Margarine, die zur damaligen Zeit aus keinem Haushalt mehr wegzudenken war. Alles drehte sich fortan um die Resi. Ein anwendungsfreundliches Kochbuch ließ die gute Hausfrau bei ihren Kochkünsten mit der Resi nicht im Regen stehen und viele erweiterte Produktkreationen wie die Splitter Margarine für die Herstellung von Blätterteig, das Cocosblüten Pflanzenfett in Würfelform oder das Palmaro Cocosfett in Plattenform trugen fortlaufend dazu bei, dass die Resi jahrelang ein Verkaufsschlager blieb. Es hätte noch ewig so weiter gehen können. Auf dem Höhepunkt einer bis dato unerreichten Butterfahrt hätte das Image der vermeintlichen Margarine Millionäre noch ewig erhalten bleiben können.

Es war ohnehin schon beachtlich, solche schwindelerregend hohen Verkaufszahlen mit einem Produkt wie Margarine, das in diesen Zeiten ein Stiefmütterchendasein führte, zu erreichen. Nur dem Unternehmergeist von Heinrich Lang, dem ersten Gründer einer Margarinefabrik in Nürnberg sowie den zwei ehemaligen Mitarbeitern Salb und Wohl, ist es zu verdanken, dass sich in Nürnberg ein weltweit einzigartiges Butterimperium angesiedelt hat. Der Zusammenschluss der drei im Jahre 1911 zu den Vereinigten Margarine Werken war der Grundstein für eine einmalige Erfolgsgeschichte. Die Presse war nicht nur von dem 1911 erbauten extravaganten barocken Gebäude begeistert, auch die Produktionsbedingungen erregten Aufsehen: Sie waren laut Beobachtern in punkto Hygiene mehr als vorbildlich. Doch irgendwann war der Traum vorbei, denn auch die beliebten Margarine Pioniere kamen an der nationalsozialistischen Machtergreifung nicht dran vorbei.

Nach dem 2ten Weltkrieg wieder an die alten Erfolge zu knüpfen war eine gewaltige Herausforderung für das ehemalige Margarineimperium. Eine Herausforderung, die letztendlich misslang. Es wurde nicht mehr so wie vorher. Alte Absatzmärkte konnten nicht mehr erschlossen werden. Bis 1972 wurde im Fabrikgebäude noch Margarine hergestellt. Dann standen die Maschinen still. Erst im Jahre 1988 kehrte wieder neues Leben in das denkmalgeschützte Fabrikgebäude. Als im Juni 1988 die Discothek Resi ihre Pforten eröffnete. Bayerns größte Lasershow, eine 350 000 Watt große Lichtanlage und eine Investitionssumme von 2 Millionen Mark sollten die Resi auch einem jüngeren Publikum zugänglich machen. Und das Konzept schien aufzugehen. Mehr als 2000 vor Selbstbewusstsein strotzende Party People machten jedes Wochenende im ehemaligen Buttersaal die Nacht zum Tag. Die Resi zog die Massen an. Lockte sie einst noch Familien an den Frühstückstisch, so hatte sie es jetzt auch noch geschafft, die jüngste Generation in ein spektakuläres Nachtleben zu entführen.

Doch irgendwann war sie aufgebraucht. Der Resi Bonus musste der Neuzeit Tribut zollen. Nach jahrelangen Partystrapazen gaben sich immer wieder neue Betreiber die Klinke in die Hand. Neue Namen sollten frischen Wind in den Laden bringen. Am Ende scheiterten sie jedoch alle innerhalb kürzester Zeit. Nicht mal Münchner Großgastronomen konnten mit Ihrem Nürnberger Ableger der Disco Alabama 1995 den Trend der Kurzlebigkeit stoppen. Nach zwei Monaten war auch ihr Projekt Schnee von gestern. Die Lage schien aussichtslos. Die Neumarkter Lammsbräu als Besitzer der Resi hatte die Hoffnung schon aufgegeben. Ein neuen Pächter mit einem erfolgversprechenden lukrativen Konzept zu finden, schien nach den letzten Erfahrungen unmöglich. Doch es geschah ein Wunder. Uwe Zimmermann rettete die Resi vor dem ewigen Stillstand.

Mit seiner Rockfabrik zog er in das berühmt berüchtigte Klingenhof Areal von Nürnberg, einen weiteren Ableger der Rockfabrik betreibt er zudem noch in Schweinfurt. Eine spektakuläre Mischung aus Rock und Metalmusik auf verschiedenen Areas inklusive einem vielfältigen gastronomischen Angebot, sollte sich ab dem 2ten Februar 1996 in den ehemaligen Produktionshallen etablieren. Und das hat er richtig gut geschafft. Der damalige 4 Millionen Mark teuere Umbau hat sich gelohnt. Selbst mehr als 17 Jahre nach dem Einzug in das Klingenhof Areal zählt die Rockfabrik zu den festen Größen in Nürnbergs Nachtleben …

Rockfabrik © Thomas Möller (Mediagreen)

Ratgeber Magazin © 2003 by Mediagreen Medienservice

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