Die verlorene Wahrheit über Troja und Homers Epos Ilias

Die verlorene Wahrheit über Troja und Homers Epos Ilias

Der trojanische Krieg fand statt! Soviel scheint sicher seit Schliemann die steinernen Überreste der antiken Stadt auf dem Hügel Hisarlik an der kleinasiatischen Küste der Ägäis fand und damit Homers Heldenepos Ilias aus dem Dunkel der vorzeitlichen Sagen wieder in das Licht der heutigen Geschichte rückte. Doch was von dem ist wahr, was uns Homer in seinem Ilias Epos so anschaulich und spannend schildert, was kann als halbwegs gesicherte Tatsache gelten? Von Homer, dem Verfasser der Ilias wissen wir nur so viel, dass er uns überwiegend Epen und Hymnen vergangener Jahrhunderte hinterlassen hat.

Herodot, der wie kein anderer Mann seiner Zeit die antike Welt bereist hat und den man schlechthin infolge seiner analytischen Überlieferungsberichte (bspw. über die sieben Weltwunder) als den Kulturreporter des Altertums bezeichnen könnte, erwähnt, dass Homer, welcher schlechthin als erster Dichter des Abendlandes gilt, mindestens 400 Jahre vor ihm gelebt haben muss. Daher wird auch allgemein angenommen, dass Homer seine Werke zwischen den Jahren 800 und 700 vor Christus verfasst hat, demnach auch kein Zeitzeuge seiner Überlieferung war. Dies heißt natürlich auch, dass wir nicht alles in seinen Epen Geschilderte als bare Münze nehmen müssen, zumal Homer die Dinge nur aus der damaligen Perspektive sehen konnte, basierend auf dem kulturellen Wissensstand der Zeit vor knapp 2800 Jahren, wo die Götter und Fabelwesen noch als existenzieller Hauptbestandteil des Lebens angesehen wurden.

Jeder kennt Homers Heldenepos als die Geschichte des trojanischen Krieges, die den zehnjährigen Krieg zwischen den griechischen Belagerern und den trojanischen Verteidigern um die Stadt Troja schildert. Bei genauer Betrachtung der Ilias wird man aber sehr schnell feststellen, dass die eigentlichen Schilderungen im antiken Heldenepos, vom Anfang bis zum Ende über den gesamten Verlauf der 15.693 Verse, nur auf den Zorn des Achilleus (Achilles) ausgerichtet sind. Das Ende der Stadt Troja kommt in den 24 Gesängen von Homers Epos überhaupt nicht vor, man kann die Vernichtung bzw. den Untergang von Troja nur angesichts des Todes von Hektor ahnen, da das Heldenepos schon bei den Leichenspielen zu Ehren des Patroklos endet. Wie also lautet nun eigentlich die verlorene Wahrheit über Troja? Die Wahrheit und Ursache des trojanischen Krieges ist offensichtlich im wirtschaftlichen Bereich zu suchen, da die Entführung der schönen Helena durch den Königssohn Paris allenfalls der Auslöser für die Attacke der Griechen auf Troja war.

An der strategischen Lage von Troja (Dardanellen) konnten die Griechen kein Gefallen finden!

Die mit gewaltigen Mauern umgebene Stadt Troja befand sich auf der heute türkischen Meerengenseite der Dardanellen und trennte Griechenland von Kleinasien. Die perfekte strategische Lage der hochbefestigten Stadt Troja war geradezu dazu prädestiniert, den gesamten Handel in der Ägäis wie auch im Schwarzmeerraum auf Land als auch auf dem Meer zu kontrollieren und musste den Griechen einfach ein Dorn im Auge sein. Dass die Trojaner kein altgriechischer (mykenischer) Volksstamm der späten Bronzezeit waren, also weder Achäer noch Dorer oder Ionier, welche erst später in den ägäischen Raum einwanderten, ist offensichtlich. Wenigen scheint bislang in den Sinn gekommen sein, dass es sich bei der hochbefestigten Stadtanlage um einen Außenposten eines in der zur Debatte stehenden Zeit zwischen den Jahren von 1250 bis 1280 vor Christus dominierenden Großreiches der Antike, der Hethiter, handeln könnte.

Obwohl diese Vorstellung doch nahe liegt und um einiges logischer den Auslöser des trojanischen Krieges und das weitere Geschehen erklären kann. Auch die Schliemannischen Ausgrabungen an den Ruinen am Hisarlik Hügel scheinen die Hethiter These zu untermauern, besonders die so genannten Schichten 6a und 7b. Hierzu sei angemerkt, dass Troja viele Male aus den verschiedenen Gründen zerstört und auf den vorhandenen Ruinen wieder aufgebaut wurde. So stammen beispielsweise die untersten und somit ältesten Mauerreste aus der Zeit um 3000 vor Christus. Deutsche und amerikanische Archäologen streiten noch immer darum, welche der beiden genannten die historische Schicht zur Zeit des von Homer überlieferten Krieges darstellt, dabei liegt auch hier die Antwort wieder nahe: Troja bekam während der zehnjährigen Belagerung durch die Griechen unterstützende Hilfe von kleinasiatischen Truppen, wahrscheinlich delegiert aus der hethitischen Königsstadt Hattusa, welche sich zur damaligen Zeit im unwegsamen Hochanatolien befand.

Deshalb musste während der Belagerungsjahre angebaut werden, um diese Hilfstruppen zu beherbergen. So sollte es sich bei der Schicht 6a um die ursprünglichen Stadtmauern von Troja handeln und bei Schicht 7b eher um die nachträglich bebauten Überreste. Auf diese Idee schien bis dato übrigens außer dem deutschen Feldarchäologen Schliemann sowie dem damals langjährigen türkischen Prokurator der Ruinen am Tell Hisarlik noch niemand gekommen zu sein. Dies jedenfalls war der Status quo vor knapp 20 Jahren, als sich Heinrich Schliemann auf Recherchen vor Ort befand. Ein vollständiger Aufmarsch der gewaltigen Streitmacht des antiken Großreichs, was sicher zur Vernichtung des Griechenheeres und damit zur geschichtlichen Veränderung der gesamten Zukunft geführt hätte, konnte schon deshalb nicht erfolgen, weil die Streitmacht der Hethiter an etlichen anderen Fronten ihres Riesenreiches gefragt war und Schwerpunkte setzen musste.

So kam es in dieser Zeitperiode bspw. zu größeren Konfrontationen mit den Ägyptern an der Südgrenze ihres hethitischen Herrschaftsgebietes. Die Schlacht bei Kadesch im Jahr 1274 vor Christus ist weltweit in allen Geschichtsbüchern ein Dauerbrenner. Der bekannteste Pharao der altägyptischen Geschichte, Ramses II. oder auch Ramses der Große genannt, rühmte sich nach der Schlacht in Tafeln und Inschriften, die Hethiter unter Muwatalli II. besiegt und in die Flucht geschlagen zu haben. Heute weiß jedes Schulkind, dass es die bloße Sucht der Selbstdarstellung und der Übertreibung von Ramses II. war, da die Großstreitmacht der Ägypter bestenfalls ein Unentschieden erzielt hatte, wenn nicht gar eine Niederlage gegen die Hethiter hinnehmen musste. Da es aber keinem der beiden Großkönige gelegen kam, ihre Riesenreiche weiter in Schlachten und Scharmützeln zu schwächen, wurde durch eine Zwangsvermählung von Herrscherkindern beider Parteien ein Waffenstillstand geschlossen und der Friede für längere Zeit bewahrt.

Das zu jener Zeit hochbefestigte hethitische Troja wurde demnach mehrmals wieder auf zerstörten Mauern errichtet, letztmalig durch die Römer, die glaubten und darauf auch stolz waren von dort abzustammen und Nachfahren und Abkömmlinge von Äneas zu sein, jenem trojanischen Heros, welcher es als einer der wenigen schaffte, den Hellenen, angeblich mit Hilfe der Götter, zu entkommen. Ähnlich seinem ehemaligen griechischen Widersacher Odysseus soll er (gemäß Vergil) nach längeren Irrfahrten durch das Mittelmeer an den Gestaden der Toskana gestrandet und dort zum Stammvater der Etrusker geworden sein, aus deren Verschmelzung mit latinischen Völkern das heute bekannte römische Weltreich geboren wurde …

Troja © Cyril Comtat & Dodo (Fotolia/Wikimedia)

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