Der Siegeszug von Tee oder wie ein Getränk die Welt erobert

Der Siegeszug von Tee oder wie ein Getränk die Welt erobert

Tee ist nach Wasser das beliebteste Getränk auf der Welt und hat je nach landestypischen Sitten oder Besonderheiten, vom traditionellen Kulturgut bis hin zum schnellen Durstlöscher, einen festen Platz in der jeweiligen Gesellschaft eingenommen. Dabei wird das überaus wandlungsfähige Getränk nicht nur in den Ländern seiner Herkunft, sondern auf allen Kontinenten als ein selbstverständliches und variantenreiches Alltagsgetränk konsumiert. Für den Teegenuss gibt es viele verschiedene leckere Teesorten.

Jährlich werden weltweit rund drei Millionen Tonnen Tee angebaut. Interessanterweise kommen mehr als achtzig Prozent des in den Hauptanbauländern angebauten Tees gar nicht in den Export, sondern werden von den Einwohnern der größten Anbauländer (China, Indien und Sri Lanka) meist selbst konsumiert. Auch die Geschichte dieses Getränks ist mehr als interessant. Als der Tee von seiner chinesischen Heimat aus seinen Siegeszug als fermentiertes Getränk um die Welt antrat, konnte das harmonische Getränk erst auf eine wenige Jahrhunderte alte Tradition zurückblicken. In China trank man zwar schon seit mehreren Jahrtausenden das beliebte Getränk, aber meist als grünen Tee, welcher nur mit Wasser zubereitet und noch nicht fermentiert wurde. Deshalb wurde auch die Auswahl des richtigen Wassers in China zu einer Wissenschaft für sich.

Das europäische Interesse und die Leidenschaft für den Tee begann erst Anfang des 17ten Jahrhundert aufzublühen. Im Jahr 1610 brachte die niederländische Ostindiengesellschaft per Schiff zum ersten Mal eine Ladung grünen Tee mit in die Niederlande. Sie hatte zu diesem Zeitpunkt das europäische Monopol für den Handel mit Asien. Da die Ostindiengesellschaft keinen direkten Zugang zu China hatte, führte sie den Tee über Java ein. Ab dem Jahr 1637 nahm jedes holländische Schiff vom Handelsstützpunkt Batavia (heute Jakarta) aus, immer einige Kisten chinesischen und japanischen Tee mit an Bord. Im Jahr 1644 lieferten die Holländer die ersten 100 Pfund Tee nach England aus. Schon im Jahr 1669 ging dann das Handelsmonopol an die britische Ostindiengesellschaft über, welche bis zum Jahr 1833 das Monopol für den Chinahandel innehatte.

Die Reisedauer nach Europa verhinderte viele Jahre lang Teezeremonien außerhalb von Asien!

Der Seeweg von Asien nach England dauerte damals rund sechs bis neun Monate, was die Qualität des Tees verminderte, da er in muffigen Laderäumen lagerte. Auf dem Landweg brachte Wassili Storkow im Jahr 1618 erstmals Tee nach Russland, der als Geschenk für den Zaren bestimmt war. Der Weg in den Osten von Europa führte über die Mongolei. Der so genannte Karawanentee galt als qualitativ hochwertiger als der Tee, welcher per Schiff befördert wurde. Während das Teetrinken im mitteleuropäischen Abendland zu einem wahren Kult wurde, hat man im kalten Russland aber eher eine praktische Beziehung zum Tee entwickelt, da er in Russland eigentlich nur als wärmendes Getränk zur Verfügung stehen musste.

Zunächst gab es in Europa unterschiedliche Auffassungen darüber, ob Tee gesundheitsfördernd oder eher schädlich sei. Die Befürworter setzten sich jedoch durch. Der eifrigste und bekannteste Fürsprecher des neuen Getränks war der holländische Arzt Cornelius Bontekoe, welcher 1679 eine umfangreiche Abhandlung über das gesundheitsfördernde Getränk veröffentlichte. In seiner Gesundheitslehre riet er der Bevölkerung, täglich so große Mengen Tee zu trinken, wie die Nieren ausscheiden könnten. Kranke sollten nach entsprechender Gewöhnung bis zu 200 Tassen pro Tag trinken. Mitte des 18ten Jahrhunderts kam der Tee dann über Holland auch nach Deutschland, zunächst nach Ostfriesland, wo sich eine eigene ostfriesische Teekultur entwickelte.

Schon im Jahr 1743 wurde in Hannover, das damals zur britischen Krone gehörte, das erste Teegeschäft in Deutschland eröffnet, welches bis heute existiert. Als England im Jahr 1780 eine Handelssperre über die Niederlande verhängte, ließen sich viele holländische Kaufleute in Ostfriesland nieder, weshalb zu dieser Zeit nun über 300 niederländische Handelsschiffe unter ostfriesischer Flagge fuhren. Dies führte vor allem in Norddeutschland zu wachsender Popularität des Tees, in vielen norddeutschen literarischen Salons kam Tee in Mode und die neuen Teeliebhaber trafen sich zu Teegesellschaften. Selbst die Versuche des preußischen Königs Friedrich II, den Teekonsum im Jahre 1778 zu verbieten, blieben in Norddeutschland erfolglos.

Im 19ten Jahrhundert, nach dem Ende des englischen Handelsmonopols für China (1834) und der Aufhebung der handelshemmenden Navigationsakte im Jahr 1849, welche festgelegt hatte dass nur englische Schiffe neue Waren aus Übersee nach Großbritannien liefern durften, beteiligten sich auch andere Nationen am Teehandel, darunter Deutschland und die USA. Gleichzeitig wurde der englische Teehandel unabhängig von China, da seit dem Jahr 1860 auch Tee auf Ceylon, dem heutigen Sri Lanka, angebaut wurde. Auf Grund der neu entstandenen Konkurrenzsituation versuchten die Reedereien die Reisedauer durch moderne Schiffe zu verkürzen und es entstanden die so genannten Klipper. Durch weitere handelsfördernde Maßnahmen, wie die Öffnung des Sueskanals im Jahr 1866, dauerte der Seeweg von Asien nach England nur noch 100 Tage.

Ende des 19ten Jahrhunderts darauf wurden dann die veralterten Segelschiffe durch schnelle Dampfschiffe abgelöst. Das europäische Interesse an den Teekulturen und Teezeremonien der Herkunftsländer führt dann Anfang des 20ten Jahrhunderts, u.a. wegen der schnelleren Dampfschiffe, zu einer breiten Auseinandersetzung mit dem Getränk. Seitdem gibt es die verschiedensten Teesorten, welche täglich wie selbstverständlich in unseren Haushalten zubereitet werden. Dazu trug auch Kakuza Okakuras „Book of Tea“ und das im Jahr 1924 von Otto Schleinkofers erschienene Werk „Der Tee“ bei. Otto Schleinkofers Buch, welches eine große Faltkarte der Tee Distrikte in Ostasien beinhaltet, ist unter Teeliebhaber bis heute ein äußerst beliebtes Buch …

Teezeremonie © Mrhayata & Abou10 (Wikimedia)

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