Komforttragen und Tragetücher kommen wieder in Mode

Komforttragen und Tragetücher kommen wieder in Mode

Seit etwa 1850 gilt der Kinderwagen als das übliche Transportmittel für Babys und Kleinkinder. Doch wie war das vorher? Als es noch keinen Kinderwagen gab, wurden die Kinder mittels Tragetücher am Körper getragen. Dieser Lifestyle ist gar nicht schlecht, sondern kann die natürliche Entwicklung der Kinder fördern und kommt heute wieder in Mode. Seit ein paar Jahren sieht man daher vermehrt Tragetücher bzw. Komforttragen in den deutschen Städten und so manche Mutter ist mit den wirklich komfortablen und leicht zu handhabenden Babytragen bzw. Tragehilfen unterwegs.

Von Natur aus ist der Mensch ein Tragling, der sich beim Tragen vor dem elterlichen Bauch pudelwohl fühlt. So wie kleine Primaten von ihrer Mutter oder von älteren Geschwistern und weiblichen Familienmitgliedern durch die Gegend getragen werden, werden eigentlich auch Menschenkinder getragen. Jeder Kinderarzt kann das bestätigen und nachweisen, denn die frühkindlichen Reflexbewegungen der Babys zeigen das. Wenn Kinder aufgenommen werden, sich zurückfallen lassen oder aufgerichtet werden, reagieren sie, als müssten sie sich an der Person direkt vor ihnen festklammern. Finger und Fußzehen zeigen die Klammerbewegung ebenso an wie die gebeugten Arme und Beine. Bei den Kinderuntersuchungen U2 bis U5 werden diese Reflexe als natürliche Entwicklungsschritte in der Beweglichkeit der Kinder getestet, ihren Sinn haben sie aber eigentlich in der Sicherheit der Kinder: Sie sollen sich ihrem Alter entsprechend an der Bezugsperson festhalten können.

Babys kommen in gekrümmter Haltung zur Welt, ihre Wirbelsäule ist noch nicht vollständig ausgebildet. Das Baby liegt im Bauch der Mutter wie ein kleiner Igel zusammengerollt und diese Haltung wird nach der Geburt noch lange beibehalten. Die Wirbelsäule braucht Zeit zum strecken. Benötigt wird eine gestreckte Wirbelsäule erst für Sitzen und Laufen. Die natürliche Haltung von Neugeborenen ist also nicht der gestreckte Rücken, sondern der Rundrücken mit angewinkelten und gespreizten Beinen. Zuerst streckt sich die Halswirbelsäule erst wenn das Baby lernt, den Kopf zu heben und zu halten, sind Wirbel und Muskulatur so weit entwickelt. Als nächstes richten sich die Wirbel hinter Schultern und Brustkorb auf, wenn das Kind sitzen lernt. Es muss sich selbständig aufsetzen und sitzen bleiben. Wer sein Kind in Kissen gestützt hinsetzt, kann die natürliche Entwicklung dadurch nicht beschleunigen, sondern riskiert höchstens ein überfordertes und unleidiges Kind.

Der untere Bereich der Wirbelsäule streckt sich langsam gegen Ende des ersten Lebensjahres, wenn das Kind aufstehen und laufen lernt. Die Wirbelsäule ist nicht gestreckt sowie das Kind selbständig steht, sondern entwickelt sich langsam, erst im Kindergartenalter wird die übliche Form der Wirbelsäule, die von Erwachsenen bekannt ist, erreicht. Diese langsame Entwicklung kann nicht künstlich beschleunigt werden und die meisten Kinder nehmen automatisch eine leicht gekrümmte Haltung in seitlicher Lage ein, wenn sie schlafen. Das ist völlig in Ordnung, sogar Erwachsene schlafen gerne noch auf der Seite eingerollt. Haltungsschäden werden dadurch nicht herbeigeführt, langes Liegen mit gestrecktem Rücken schadet eher. Tragetücher fördern die Haltung, welche Babys und Kinder von Natur aus einnehmen und einnehmen sollten. Ein korrekt gebundenes Tragetuch lässt den Rundrücken nicht nur zu, sondern bringt das Kind dazu, sich richtig hängen zu lassen.

Tragetücher oder Komforttragen fördern die Rückengesundheit und sind sehr gute Tragehilfen!

Dabei übernimmt das stramm gezogene Tragetuch die Funktion, welche die skelettragende Muskulatur normalerweise hat, es stützt den Rücken vom Kleinkind. Ein weiterer Pluspunkt spricht für das Tragetuch: Babys kommen mit einer noch nicht vollständig ausgereiften Hüfte auf die Welt. Die Gelenke sind nicht ausgereift und bei der üblichen Ultraschalluntersuchung der Gelenke wird festgestellt, dass eine Spreizhose oder eine Schiene getragen werden müssen, damit es nicht zu Fehlbildungen kommt. Früher wurden die Mütter dazu angehalten, diese Kinder mit Stoffwindeln breit zu wickeln, die Beine also durch eine extra Lage dicke Baumwolle im Schritt zu spreizen. Diese Art des Windelwickeln entspricht der Haltung, welche die Kinder in einem bequemen Tragetuch und in einer guten Komforttrage ohnehin einnehmen.

Im Tragetuch sind die Beine gespreizt und soweit angewinkelt, dass sich die Knie auf der Höhe des Bauchnabels befinden. Leichte Hüftprobleme können also durch das regelmäßige und fachgerechte Tragen im Tragetuch behoben werden, was für Eltern wie auch Kinder sicherlich angenehmer ist als das Tragen einer Gipsschiene oder einer speziellen Hose. Im Kinderwagen als auch in der Wiege und im Kinderbett nehmen Babys diese Haltung mit den gespreizten Beinen in der Regel nicht ein, denn entweder sind die Liegeflächen zu schmal gestaltet oder es ist schlicht unbequem. Interessant ist, dass Babys, die auf dem Bauch schlafen, die Beine perfekt anhocken und spreizen, wie im Tragetuch! Allerdings wird von der Bauchlage beim Schlafen abgeraten aufgrund der Erstickungsgefahr, wenn die Nase des Kindes in das Bettuch gerät. Es gibt nicht viel, was die Komforttrage von einem guten Tragetuch unterscheidet.

Der Hauptunterschied liegt wohl darin, dass sich eine Tragetasche mit ein paar Gurten und Schnallen leichter transportieren und schneller anlegen lässt als gute fünf Meter Baumwolle ganz ohne Schnallen. Im Preis unterscheiden sich die beiden Tragemöglichkeiten kaum: Sowohl qualitativ hochwertige Tragetücher als auch gut durchdachte Komforttragen kosten etwa um die 100 Euro, besonders modische Modelle auch etwas mehr. Wer sich für ein Tragetuch entscheidet, sollte auf die Verarbeitung achten. Ein gutes Tuch ist diagonal zur Webrichtung flexibel, vertikal und horizontal jedoch nicht. Diese Eigenschaft sorgt dafür, dass die Kinder beim Tragen zwar ins Tuch gekuschelt sind und sich einkugeln, aber doch perfekt gestützt werden. Bei einer Komforttrage ist darauf zu achten, dass der Rücken nicht gestreckt wird, sondern dass die Kinder einen Rundrücken machen und der Rücken wirklich vom Popo bis in den Nacken hinein rund gestützt wird.

Die Beine der Kinder müssen auf der gesamten Länge des Oberschenkels gestützt werden, so dass sie in der Kombination aus Anhock und Spreizhaltung sind, die Knie sich auf Bauchnabelhöhe befinden und das Gewicht des Kindes nicht auf dem Schambereich liegt. Das ist erstens unbequem, kann zweitens schmerzhaft werden und drittens zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen (vor allem bei Jungen, denen der Geschlechts- bereich zusammengedrückt wird). Letztendlich ist es egal, welcher Markenname auf der Komforttrage steht, solange sie physiologisch sinnvoll gestaltet und für Eltern und Kind bequem ist, werden die Kinder sich in einer Komforttrage gut entwickeln und die Tragezeit genießen. Allerdings sollten die Eltern auch auf einiges für ihre eigene Bequemlichkeit achten. Beim Tragetuch gibt es, außer den einzelnen Schritten der Bindeanleitung, hinsichtlich der Bequemlichkeit für die Erwachsenen nicht viel zu beachten.

Größere und breitere Menschen brauchen längere Tücher und kleinere, schmale Menschen brauchen eher kürzere Tücher. Die genaue Länge lässt sich in einer Trageberatung bestimmen, die hängt nämlich auch von der bevorzugten Bindeweise ab. Die meisten Eltern fahren mit zwei Tüchern in unterschiedlichen Längen gut. Bei Komforttragen muss für die Bequemlichkeit der Eltern wiederum mehr beachtet werden. Die Träger und Gurte der Trage sollten so breit sein, dass sie auch bei höherer Gewichtsbelastung nicht einschneiden. Die Trage muss sich flexibel auf die individuelle Hüftbreite und Schulterbreite sowie auf die Größe des Kindes einstellen lassen, so dass Gurte und Trage nirgends reiben oder drücken. Wichtig ist, dass außer Schultergurten auch ein Beckengurt vorhanden ist; so sitzt das Gewicht des Kindes nicht auf den Schultern alleine, sondern wird auf Schultern und Hüfte verteilt.

Ist zusätzlich ein Brustgurt vorhanden, kann das Gewicht noch besser verteilt werden. Eine Komforttrage, welche sich für das Tragen auf dem Bauch sowie auf der Hüfte und auf dem Rücken eignet, bringt lange Spaß und wird auch von wachen Kindern gerne genutzt. Nur während der ersten paar Lebenswochen ist die Trage- weise vor Mamas Bauch für die Babys am Besten, danach werden sie neugierig, wollen auf dem Rücken sitzen und den Eltern über die Schulter gucken oder von der Hüfte aus bei der Hausarbeit helfen. Die Komforttrage wie auch das Tragetuch sind für den täglichen Einsatz beim Einkaufsbummel, auf dem Weg zum Kindergarten, beim Staubsaugen in der Wohnung oder für längere Touren am Strand im Urlaub somit bestens geeignet …

Tragehilfe © Easycare & Tom (Fotolia)

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